Franz Liszt hätte sich vor dieser Künstlerin verneigt
Märkische Allgemeine, Jörg Tägder
Gerlint Böttcher glänzte beim Konzert in Kappe in ihrer Rolle als Mittlerin zwischen den Stilepochen.
Kappe. Was für ein Konzert! Mit Kompositionen von Jan Václav Vorisek, Franz Liszt, Franz Schubert und Sergej Prokofjew bewies Gerlint Böttcher ihre Rolle als glänzende Mittlerin zwischen den Stilepochen. Mit dem Osterkonzert des Fördervereins Kapper Cappe am vergangenen Montag ist die diesjährige Saison eröffnet worden. Der hierzulande eher unbekannte Vorisek - in Mozarts Todesjahr geboren - suchte zeitlebens die Romantik, vor allem in seinen Rhapsodien. Liszt, den Rachmaninow „die perfekteste romantische Figur“ nannte, verlangte der Pianistin halsbrecherische Virtuosität ab. Für die Interpretation der Paganini-Etüde gab es Beifall auf offener Szene. Franz Schuberts Impromptu Nummer 2 Es-Dur erinnerte die Konzertbesucher kurz an Chopins Minutenwalzer, und das Impromptu Nummer 4 zeigte mit glänzender Brillanz, wie schwer das Stück zu spielen ist.
Ein Brückenschlag in die Moderne beendete Gerlint Böttchers grandioses Konzert. Mit Sergej Prokofjews Sonate Nummer 2 d-Moll aus dem Jahr 1914 betonte die Meisterpianistin dessen typische Stilmerkmale: harte Rhythmik, ironisierende Phantastik und tänzerische Clownerie. Rasche Wechsel erinnerten an die schnelle Bildfolge des gerade erst aufkommenden Kinos.
Natürlich gab es nach lang anhaltendem Beifall noch eine Zugabe: „Clair de lune“ des Spätromantikers Claude Debussy. Wer weitere Zugaben hören wollte, nahm eine signierte oder auch unsignierte CD mit. Die Wahl zwischen Aufnahmen mit Kompositionen von Ravel, Mendelssohn und Schostakowitsch fiel schwer. Viele Konzertgäste entschieden sich für „Rhapsodies & Impromptus von Vorisek und Schubert“, von denen einige auch im Konzert zu hören waren. „Wollen Interpreten überzeugen, müssen sie sich dem Urheber nähern“, ein unumstößlicher Satz in der Musikszene. Vor Gerlint Böttcher hätten sich die Meister verneigt.
Grandios: Gerlint Böttcher spielte die Werke großer Komponisten am Ostermontag in der Kapper Kirche so überzeugend, dass sich die Meister vor der Künstlerin verneigt hätten. Das Publikum tat es.