Romantische Wende

Gerlint Böttcher verbindet Voříšek mit Schubert

 

Märkische Allgemeine - Rezension von Frank Kallensee

 

Diese Finger denken. Deshalb ist ihnen das Virtuose keine Last. Sie meditieren über Jan Vaclav Voříšek und Franz Schubert und können darum die extrovertierte Eleganz der 12 Rhapsodien op. 1 des einen und die sentimentalische Klangdramatik des anderen so wendig (was motivische Keckheiten betrifft), so variabel (bezüglich Anschlag und Tongebung) und so beherrscht (in den Zeitmaßen) vortragen.

 

Diese Finger gehören der im brandenburgischen Zernsdorf lebenden und in Berlin lehrenden Pianistin Gerlint Böttcher, die sich nun mit ihrer zweiten CD als Romantikerin bekennt. Allerdings, wie es heute heißt, als klassisch informierte. Denn Voříšek und Schubert waren Komponisten der Wende von der Klassik zur Romantik.

 

Ersterer „erfand“ das Impromptu als musikalische Form, Letzterem kam deren lyrischer Gestus beim Hadern mit dem Dasein zupass. Voříšeks akkordische Betriebsamkeit könnte dazu verleiten, über Details hinwegzuhetzen - Gerlint Böttcher bleibt auch dort gelöst, wo die Partitur das Forcieren vorschreibt. Umgekehrt kann sie feinnervig mit Schubert „schlendern“, nie gefühlig angefettet, sondern mit einer Empathie, die am Innersten rührt. Chapeau!

 

Jan Vaclav Voříšek/Franz Schubert Rhapsodien, Impromptus.

Gerlint Böttcher, Klavier. Ars Musici