
Pianistin überzeugte im Moorhaus
Ostfriesen-Zeitung, Roland Moll
In Simonswolde trug Gerlint Böttcher am Sonnabend anspruchsvolle Kompositionen großer Meister vor. Die Zuhörer waren begeistert. Gelegentlich wurden sie überrascht.
„Leicht flackerndes Kerzenlicht sorgte am Sonnabend Nachmittag im Moorhaus in Simonswolde für eine festliche Atmosphäre in einem Programm, das prall gefüllt mit virtuosen Klavierkompositionen war. Gleich zu Beginn zog die Konzertpianistin Gerlint Böttcher die Zuhörer mit energisch-dramatischer Interpretation eines Rondos von Felix Mendelssohn in ihren Bann. Trotz der Klangfülle blieb ihr Spiel transparent, zauberte sie wunderschön perlende, schnelle Figuren und atemberaubende Läufe über mehrere Oktaven in den Raum. Wie zur Abrundung des Konzerts schloß das höchst virtuose Scherzo Nr.2, b-Moll von Frederic Chopin eine Klammer um das anspruchsvolle Programm. Ein leichtes Schmunzeln huschte vielen Konzertbesuchern bei Mozarts Variationen über „Ah! Vous dirai-je, Maman“… über das Gesicht. Typisch Mozart: vordergründig witzig, keck, doch im Innern der Komposition absolut spannend und mitreißend. Während die rechte Hand überaus virtuos über die Tasten jagt, spielt die linke äußerst reduziert mit einigen aussagekräftigen Tönen das motivische Thema. Dieser Herausforderung wurde die Pianistin voll gerecht. Sanftheit, gepaart mit wilder Aufgeregtheit, überraschte die Zuhörer. Mit viel Pedaleinsatz verlieh Gerlint Böttcher bei ihren Liszt-Interpretationen der Tenne des Moorhauses den Charakter eines kleinen Konzertsaals. Geradezu heroisch die Paganini-Etüde Nr.2, im strahlenden Es-Dur. Rauschende Tongirlanden, stark kontrastierend zu den viel Ruhe ausstrahlenden wenigen Akkordtönen, fesselten die Zuhörer, erreichten ihren absoluten Höhepunkt im starken Fortissimo, gespielt mit vollem Krafteinsatz. Überzeugen konnte die Pianistin besonders mit wuchtigen Passagen, verstand es aber auch, weit angelegte Crescendi bei einem Choral von Johann Sebastian Bach eindrucksvoll zu gestalten.“