Solistin begeistert mit ihrem Naturell

01. April 2014

Die Glocke, Dr. Ekkehard Gühne, Fotografie © Poschmann

 

Warendorf. Mit Beginn der Sommerzeit endete am Sonntag im Sophiensaal die Saison der Galeriekonzerte. Den vorerst letzten Abend dieser Reihe gestaltete die Pianistin Gerlint Böttcher aus Berlin, ihres Zeichens keine Freundin besinnlicher Serenaden oder anheimelnder Melodien zum Mitsummen. Sie setzte kraftvolle Akzente und wich den großen Brocken ihrer Zunft nicht aus.

 

Das stellte einleitend Beethovens Sonate in Es-Dur (op.31 Nr.3) klar. Mit unnötiger Tragik belastete sie das Werk nicht. Forsch und in gewisser Hinsicht unbekümmert ging sie das Allegro an, ohne die eingeschobenen Oasen der Ruhe zu vernachlässigen. Neckisch das Scherzo, das den Hörer immer wieder etwas an der Nase herum führt. Allenfalls im Menuetto gestattete sie sich einige romanzenhafte Züge, ehe dann das "Presto con fuoco" zum effektvollen Finale rief.

 

Drei Etüden von Franz Liszt ließen dann keinen Zweifel am technischen Können der Solistin aufkommen. Substanziell fielen sie unterschiedlich aus. Hin und wieder leistete sich Liszt auch etwas "Salongeklingel". Musikalisch am meisten gelungen erschien allerdings der "Gnomenreigen", der so recht in die Welt des Spuks eintauchte und höchste Virtuosität nicht zum Selbstzweck werden lies.

 

Der Böhme Johann Wenzel Worischek (1791-1825), der sein kurzes Leben in Wien beschloß, zählt nicht zum Repertoire heutiger Pianisten. Um so überraschender glänzten drei seiner Rhapsodien (aus Opus 1), meisterhafte Fantasien mit leichtem melancholischen Einschlag und sehr interessanten kontrastiven Mittelteilen, die eigentlich schon weit in die Romantik verweisen. Hier durfte nicht nur aufleben, wer ein Herz für die vergessenen der Musikgeschichte hat.

 

Mit weitaus weniger pianistischen Mitteln agierte dann Claude Debussy mit seinem Stimmungsbild "Clair de Lune" aus der "Suite Bergamasque", ehe dann wieder "Kraftfutter" angesagt war. Sentimental wird nämlich Prokofjew in seiner zweiten Klaviersonate allenfalls ein wenig im "Andante". Ansonsten stellt er andere Stärken heraus, vor eine unerbittliche Motorik, viel rhythmische Präzision und manchmal auch ein bißchen Härte.

 

Dem Naturell Gerlint Böttchers kam das alles sehr gelegen. So legte sie eine imposante Leistung vor und verdeutlichte auch, worauf es ankommt: nämlich authentisch zu sein. Nach Ausweis des stürmischen Schlußbeifalls hatte das Publikum die anspruchsvolle Lehrstunde begriffen.

 

Bildunterschrift:

Gerlint Böttcher setzte kraftvolle Akzente und wich den großen Brocken ihrer Zunft nicht aus.