Temperament und Einfühlungsvermögen

Neue CD mit der Pianistin Gerlint Böttcher

 

Westfälische Nachrichten, Martin Borck

 

Die Pianistin Gerlint Böttcher ... ist auf einer neuen CD zu hören, die im April während der Bad Homburger Schlosskonzerte mitgeschnitten wurde. Das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim unter Leitung von Aurélien Bello spielt Bachs 3. Brandenburgisches Konzert, die Serenade Nr. 2 in F-Dur von Robert Volkmann und Johann Wilhelm Hertels „Konzert für Trompeter, Streicher und Basso Continuo“ in D-Dur. Hier wie beim Konzert für Klavier, Trompete und Streichorchester in c-Moll von Dmitri Schostakowitsch spielt Rudolf Mahni Solo-Trompete, Böttcher brilliert am Flügel.

 

Der russische Komponist bürstete die Erwartungen der Hörer mit seiner Komposition gehörig gegen den Strich. Im ersten Satz fällt die Trompete immer wieder mit überraschenden Fanfaren ein.

 

Von der Klaviersolistin wird bei Interpretation dieses Werks ein breites Ausdrucksspektrum erwartet. Die vier Sätze sind nicht nur vom Tempo, sondern auch vom Charakter jeweils sehr eigensinnig, zumal Schostakowitsch ironisch mit musikalischen Stimmungen spielte. Böttcher gelingt der erforderliche Spagat dank ihrer herausragenden Technik, die die Doppeldeutigkeit der Komposition herausstreicht.

 

Temperamentvoll geht sie im Allegro moderato mit dem melodiösen Thema zu Werke, sehr akzentuiert und einfühlsam gerät ihre lange Solopassage im Lento, das stark spätromantisch geprägt ist. Dem kurzen dritten Satz (Moderato) folgt das Allegro con brio, in dem folkloristische und parodistische Anklänge für frischen Wind sorgen.