Verrückt, verzaubernd und immer anspruchsvoll
Märkische Allgemeine, Bericht: Karen Grunow
Zehn Jahre Schlosskonzerte Königs Wusterhausen: Zum Festjahr gibt es einen Musikabend mehr als sonst
Zwar ist Gerlint Böttcher quasi auf dem Sprung, denn sie startet in wenigen Tagen zu einer Konzertreise in den Libanon. Aber über die Schlosskonzerte Königs Wusterhausen, deren künstlerische Leiterin die Eichwalder Pianistin ist, spricht sie vorab nochmal sehr gerne, denn sie sind eine absolute Herzensangelegenheit von ihr. Und das seit mittlerweile zehn Jahren. Das renommierte kleine Festival, das Jahr für Jahr für einige nachwirkende Konzertabende herausragende Musikerinnen und Musiker in die Stadt holt und ein treues Publikum beglückt, hat tatsächlich einen runden Geburtstag. Los ging es im Juni 2013 mit einer „Ouvertüre“: Gerlint Böttcher saß damals selbst am Flügel im Festsaal der Kavalierhäuser am Königs Wusterhausener Schloss, um das dann im Spätsommer 2014 endgültig startende Festival schon einmal musikalisch anzukündigen. Etabliert hat sich, dass sie stets auch als Solistin beim jeweiligen Eröffnungskonzert mitwirkt. Fast immer wurde das Festival mit einem Auftritt des Südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim begonnen. So wird es auch in diesem Jahr wieder sein - das Orchester kommt und wird wiederholt von dem französischen Dirigenten und Harfenisten Aurélien Bello geleitet werden.
Die Musiker werden am 2. September in der Kreuzkirche die „Saint Paul’s Suite“ von Gustav Holst und die Serenade op. 12 von Victor Herbert spielen und gemeinsam mit Gerlint Böttcher dann Mozarts Konzert für Klavier und Orchester C-Dur KV 467. „Das ist ein so schönes, strahlendes Konzert“, schwärmt Gerlint Böttcher. Genau das Richtige also für einen - angesichts des Zehnjährigen - festlicheren Auftakt der diesjährigen Konzertreihe, für die Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) als Schirmherrin gewonnen werden konnte.
Die Vorfreude auf die Konzerte, die am 2. September beginnen werden, ist Gerlint Böttcher deutlich anzumerken. Eigentlich ist sie selbst die beste Werbeträgerin, denn ihre Begeisterung für die Kollegen, die an fünf Abenden auftreten werden, ist ansteckend. Doch gemeinsam mit ihr kümmern sich die anderen Akteure des Vereins Schlosskonzerte Königs Wusterhausen mit ebensoviel Herzblut und Engagement, damit alles reibungslos vonstatten gehen kann. 2018 entstand der Verein - da steht also auch schon ein kleiner besonderer Geburtstag an. Seit 2019 ist er Veranstalter des Festivals. Bis dahin war es nicht immer nur von Höhen geprägt. Die anfängliche Organisationsstruktur und -aufteilung war ein schwieriges Konstrukt, zeitweilig, bis der Verein übernehmen konnte, lag die Verantwortung danach bei der Deutschen Gesellschaft. Für jene Phase ist Gerlint Böttcher sehr dankbar, das gab den Schlosskonzerten Sicherheit.
„Von Anfang an hat mich überrascht, dass wir so viele Besucher hatten“, sagt sie auch. Die Konzertreihe kam für die Stadt, die Region im richtigen Moment. Anspruchsvolle Klassik, dargeboten von Größen ihres Fachs, das fand quasi sofort sein Publikum. Dessen Dankbarkeit spürten Böttcher und ihre Mitstreiter auch, als es nach der Corona-Zwangspause ab 2021 dann doch weitergehen konnte - mit vielen, pandemiebedingten Unsicherheiten und Anpassungen, etwa reduzierte Bestuhlung. Das Festival 2020 war längst geplant, der Vorverkauf schon gestartet, als Corona kam. Alles muste abgesagt werden, nur ein außerplanmäßiges Sonderkonzert konnte im Herbst stattfinden. Es war vor allem ein Dankeschön an die Sponsoren, die trotz der Absagen und des damit einhergehenden finanziellen Verlustes weiterhin zu dem Verein hielten. „Hauptsache, es geht weiter“, sei der Tenor gewesen, erzählt Gerlint Böttcher.
Und wie es weitergehen wird: Nach dem Auftakt in der Kreuzkirche kommen am 16. September Dominik und Florian Wagner alias Ass-Dur in den großen Saal der Finanzhochschule. Deren Programm muss man sich so vorstellen: Der eine, Dominik, hält mit links die Geige, die rechte Hand ruht auf den Klaviertasten. Der andere, Florian, hat den Bogen in der rechten, die linke ebenfalls auf der Tastatur. Und so spielen sie dann zusammen, wie Ende vergangenen Jahres mal im ZDF-Morgenmagazin zu sehen war, beispielsweise einen Csárdás. Klingt ein bisschen verrückt, ist preisgekröntes Musikkabarett - „sehr unterhaltsam, anspruchsvoll und sehr, sehr lustig“, findet Gerlint Böttcher. Und weil es so ungewöhnlich ist, setzt Florian Wagner gleich am 17. September im Kavalierhaus noch eins drauf und ist mit seinem Soloprogramm „Funk you!“ als Sänger und Pianist zu erleben.
Ein Kontrast sei dann das vierte Konzert, das zusammen mit dem Deutschen Musikrat möglich wird: „Ein klassischer Liederabend, auch das ist bei den Schlosskonzerten etwas Neues“, so Böttcher. Bariton Lars Conrad und Pianist Daniel Prinz werden am 1. Oktober im Kavalierhaus-Festsaal Lieder von Schumann, Wolf, Ravel und Brahms darbieten. Zum Abschluss des Festivals am 14. Oktober in der Kreuzkirche wird Cellistin Raphaela Gromes, die bereits 2021 bei den Schlosskonzerten auftrat, gemeinsam mit Harfenistin Gabriella Victoria und Pianist Julian Riem erwartet. Sie haben sich für ihr Programm „Imagination“ märchen- und zauberhafte Stücke ausgesucht, die vielfach von Riem eigens neu arrangiert wurden. „Es wird sehr abwechslungsreich“, sagt Gerlint Böttcher und meint vor allem den letzten Abend. Aber natürlich gilt das genauso für das gesamte Festivalprogramm. ...