
Virtuosität im Spiel
Siegener Zeitung, Text und Foto © Claudia Irle-Utsch
Gerlint Böttcher gab 11. Holzhäuser Klavierkonzert und brillierte vor allem mit Liszt und Ravel
ciu Burbach-Holzhausen. „Es war wunderbar!“, sagte Christian Thuß vom Förderkreis Alte Schule im Heimatverein Burbach-Holzhausen am Ende des Konzerts - und er sprach denen, die rund zwei Stunden lang fasziniert und interessiert, bewegt und beglückt dem Klavierspiel Gerlint Böttchers zugehört hatten, wohl aus dem Herzen. Kaum enden wollte der Applaus, den die renommierte Berliner Pianistin für ihr so klug ausgewähltes und virtuos dargebotenes Programm erhielt. Sie war (nach 2011) erneut für ein Holzhäuser Klavierkonzert, das elfte, engagiert worden.
Und sie fühlt sich sichtlich wohl. Gern brilliert sie bei ihren Konzerten mit hochkomplexen Liszt-Werken: der theatralisch angelegten und ungemein rasanten Paganini-Etüde Nr. 2 Es-Dur und dem „Gnomenreigen“. Bei letzterem verbindet sie beides: technisch anspruchsvolles, nachgerade artistisches Spiel und eine sehr durchdachte, dramatisierende Gestaltung dieses Stücks, das auf einem herrlich hingetupften hohen Ton endet. Die Konzertetüde Des-Dur komplettierte den Liszt-Teil dieses Abends, der mit zwei Kompositionen von Xaver Scharwenka (1850-1924), wie Liszt selbst ein pianistisches Genie, begonnen hatte: dem Impromptu D-Dur op. 17 und der Novellette op. 22 f-Moll. Schon hier stellte sich Gerlint Böttcher als eine Musikerin vor, die sowohl das kraftvoll-energische Spiel beherrscht als auch ein sehr persönliches Ausdeuten dessen, was vom Tonsetzer vorgegeben ist. Gelegenheit zum Durchatmen bot sie mit Schuberts Impromptus (op. 90) Nr. 2 Es-Dur und Nr. 4 As-Dur und den zuweilen liedhaften Passagen. Hier perlte, floss die Musik zumeist hell und weich dahin. Meditative Momente.
Nach der Pause, während der die Künstlerin gerne ins Gespräch mit den Konzertgästen kam - und sich unter anderem an ihr Konzert mit der Philharmonie Südwestfalen unter Russell N. Harris (2007) erinnerte -, fing sie ihr Publikum mit dem frischen „Rondo capriccioso op. 14“ von Felix Mendelssohn Bartholdy wieder ein. Um dann abschließend ein facettenreiches Werk aufzuführen, das eine besondere Geschichte hat: die Klavier-Suite „Le Tombeau de Couperin“, die Maurice Ravel (1875-1937) einem Freund widmete, der im Ersten Weltkrieg fiel. Diese Trauermusik entfaltete in Gerlint Böttchers Interpretation einen eigentümlichen Sog. Angefangen vom „Prelude“ mit seinem feinen Schwung, der auf Kommendes zu verweisen scheint, über die „Fuge“ (deren transparentes Stimmengefüge die Pianistin meisterhaft herausarbeitete), die „Forlane“ mit ihren lässigen rhythmischen Wendungen und dem zupackenden „Rigaudon“ - hin zu dem „Menuett“ (mit einer immensen „inneren“ Entwicklung) und einer „Toccata“, die mit ihrer Rasanz tatsächlich „rockte“.
Offenbar lassen sich auf dem Bechstein- Flügel des ev. Gemeindehauses die furiosen Kabinettstückchen besonders gut spielen, denn als Zugaben schenkte Gerlint Böttcher ihrem Publikum gleich drei vorwiegend flotte Werke: zwei von Zeitgenossen (den „Feuertanz“ von Günther Kasseckert und eine „Humoreske“ von Rodion Schtschedrin) und einen „Klassiker“, „Das Butterbrot“, zugeschrieben Wolfgang Amadeus Mozart.