
Volle Klangarchitektur, betörender Anschlag
Exzellente Anschlagstechnik: Pianistin Gerlint Böttcher im Konzert
Siegener Zeitung, hel
Holzhausen. Die inzwischen sehr renommierte Pianistin überzeugte mit unprätentiösem Spiel von innen heraus. Spätestens seit ihrem Auftritt im Rahmen des Jubiläumskonzertes der Philharmonie Südwestfalen im Gläsersaal der Siegerlandhalle vor drei Jahren erfreut sich Gerlint Böttcher, Absolventin der Berliner Musikhochschule Hanns Eisler, im Siegerland größter Wertschätzung. Im Rahmen der vom "Förderkreis Alte Schule im Heimatverein Holzhausen" veranstalteten Holzhäuser Klavierkonzerte, die am vergangenen Samstag im ev. Gemeindehaus in die siebte Runde gingen, überzeugte die mittlerweile auf vielen Konzertbühnen gastierende Klaviervirtuosin auch im kleinen Rahmen. Poetische Spontaneität Hochkonzentriert, mit geschlossenen Augen in die von ihr gespielten Stücke von Bach, Liszt, Mendelssohn Bartholdy, Vorisek, Brahms und Chopin versunken, entlockte die Klavierkünstlerin dem nicht mehr ganz taufrischen Bechstein-Flügel Töne von poetischer Spontaneität und Farbigkeit. Musikalisch schön und variationsreich waren die zu Beginn ihres Konzertes gespielten Rhapsodien des tschechischen Komponisten der Frühromantik, Jan Vaclav Vorisek, die sie mit Noblesse und blitzender Virtuosität ihrem aufmerksam zuhörenden Publikum präsentierte. Nuancenreichtum, Bewegtheit und kühle Sachlichkeit Franz Liszts Etüden in Des Dur, die "Paganini-Etüde" in Es-Dur und die Konzertetüde "Gnomenreigen", die mit ihren Akkorden in unterschiedlichen Lagen die gesamte Tastatur in Anspruch nahmen, lagen bei Gerlint Böttcher, wahrsten Sinn des Wortes, in besten Händen. Felix Mendelssohn Bartholdys "Variations sérieuses" op.54, durchdrungen vom sensitiven Geist der Romantik, bildete den Auftakt für etliche weitere Evergreens der Romantik, wie Frédéric Chopins "Fantasie-Impromptu" und Johannes Brahms "Wiegenlied". Mit Temperament, Kraft und Nuancenreichtum, aber auch mit kühler Sachlichkeit, verlieh sie ihrem Spiel aus sich selbst heraus eine ungeheure Intensität und Dramatik. Vollendet war dabei die Präzision ihrer Läufe, Akkorde und Oktaven. Zuhörer begeistert Abgerundet wurde der 90-minütige Konzertabend mit ihrer Interpretation des bekannten Chorals "Jesus bleibet meine Freude" sowie dem "Siciliano" aus der 2. Flötensonate und der "Ratswahlkantate" aus der Feder des thüringischen Genius? Johann Sebastian Bach. Die Art und Weise, wie Gerlint Böttcher die barocke Entfesselung mit zartem Klang und himmlischer Leichtigkeit zügelte, bereitete höchsten Hörgenuss. Ohne übertriebenen improvisatorischen Schnickschnack auskommend, sondern gänzlich auf Emotionalität und Intensität bedacht, versetzte die Pianistin ihre Zuhörerschaft, die erst nach einer Zugabe den Nachhauseweg antrat, ins Schwärmen.